Eine Idee bleibt eine Idee, wenn man sie nicht umsetzt. In unserer biergeschwängerten Euphorie vom Vorabend meines Geburtstages hatten wir uns das Projekt in den buntesten Farben ausgemalt. Leichtes Spiel, denken wir. Für einen Kalender brauchen wir ein schlüssiges Konzept, Modelle, Mopeds, Ideen und Plätze. Als wir tagsdarauf in meiner Werkstatt standen, kam im wahrsten Sinne des Wortes
die Ernüchterung. Weiterlesen...
Trotz Skript hat sich manchmal das geplante Set und der Einsatz der Modelle spontan geändert. Entweder wurde mehr der Charakter des Darstellers betont oder die Herkunft des Mopeds. Klischees haben wir gewissermaßen unterstrichen. Wie beispielsweise die Herkunft des Vespa-Rollers: Italien, Säulen, Fontänen-Brunnen. Das alles bietet der Friedrichsplatz in Marburg. Dazu die roten Rosen, der grüne Roller, das weiße Smoking-Hemd. Erinnert an die italienische Flagge. Oder? Und dann auch noch der coole Typ. Was will man mehr.
Oder die Simson mit dem Fahrer in der freien Natur. Camping war in der DDR sehr beliebt und auch die FKK-Kultur. Ein Stück Freiheit. Glücklicherweise muss eine Simson auch mal betankt werden.
Da wir uns über Jahrzehnte hinweg schon kennen, sind die Charakter ebenfalls in die Motive eingeflossen. So wie man ist oder gerne sein will. Da hat jeder so seinen Platz gefunden. Derjenige, der auf die Bühne gehört, der witzige Zeitgenosse, der "King of cool" oder der mit dem Harten-Hund-Image. Der Naturbursche, der Romantiker, der Verträumte.
Schließlich sind auch Arbeitstitel wie Tausendsassa, Rampensau oder Rosenkavalier entstanden. Wir wussten direkt, um was und wen es geht. Manchmal hatten wir den Eindruck, dass vieles wie aus Zauberhand geht.
Wer kann schon ein historisches Polizeiauto ablichten, vielen Dank liebes Oldtimer-Polizeimuseum und Kurt. Oder auf eine offizielle Bühne zugreifen, danke liebe Waggonhalle, Willi und Nina, oder eine Simson bekommen, wenn weit und breit keine da ist, danke lieber Heiko. Danke Steffen für den Kleinlaster. Thomas, danke für die Mopeds. Jungs, ihr seid die besten. Alle waren zugewandt und hilfsbereit und wurden auch Darsteller. Heiko muss warten. Er ist noch keine 50. Wird noch, Heiko…
Eins war klar. Frank, ich und meine Mopeds würden den Kalender nicht füllen können. Unser Vorhaben türmte sich vor uns auf. In meiner Werkstatt haben wir zunächst Ideen gesammelt. Probefotos gemacht, Brainstorming. Wie müssen wir die entscheidenden Körperteile verdecken? Was wählen wir als Motiv? Was kann interessant sein? Oder: Wie setzen wir es um? Auf jeden Fall sprudelte es nur aus uns heraus. Trotzdem oder deswegen haben wir Stunden um Stunden miteinander verbracht. Und der Plan verfeinerte sich stetig.
Wir als Macher müssen uns garantiert ausziehen und als gutes Beispiel vorangehen. Doch wie sehen es unsere Freunde? Die machen sowas nie oder machen erst gar nicht mit. Wir hatten schon gleich die Schere im Kopf. Brauchten wir aber nicht. Im Gegenteil. Die Jungs waren Feuer und Flamme.
Sie wollen Hüllen fallen lassen
Es waren keine Überredungskünste notwendig. Der größte Teil war gewillt, die Hüllen fallen zu lassen. Sie haben sich quasi aufgedrängt. Uns hat es gefreut. Wer sich nicht ganz ausziehen wollte, dem ließen wir die Freiheit. Aber: ein Stück Haut muss zu sehen sein.
Sie kamen freiwillig, pünktlich und sogar mit den Mopeds an die unterschiedlichen Sets. Und dies auch aus Hamburg, Köln oder Ludwigshafen. Unglaublich. Die meisten wohnen noch um und in Marburg.
Eigentlich sollten nur italienische kleine Geländemaschinen mit aufs Foto. Letztlich haben wir doch noch entschieden, deutsche Zweitakter aus Ost und West und japanische Modelle dazu zu nehmen. Und auch Straßenmopeds.